Die Begriffe „Internet of Things“ (IoT), „Industrial Internet of Things“ (IIoT) und „Industrie 4.0“ (I4.0) sind in aller Munde. Jeder sucht nach digitalen Geschäftsmodellen, nach Netzwerk- und Skaleneffekten und will in der Digitalisierung erfolgreich werden. Aber welche Rolle können und wollen Sie wirklich spielen? Welche Rollen gibt es denn überhaupt? Und wie können Sie sich von der einen zur anderen Rolle weiterentwickeln. All diese Fragen wollen wir im Folgenden näher beleuchten.
Bevor wir aber zu den Rollen kommen, müssen wir uns mit dem Sprach- und Deutungsmix aus IoT, IIoT und Industrie 4.0 auseinandersetzen. IoT, das Internet der Dinge, bezeichnet im Allgemeinen die Fähigkeit der Vernetzung von alltäglichen Dingen wie Autos, Kaffeemaschinen, Zahnbürsten, Schuhen und Kleidung über das Internet. Durch die Vernetzung sowie durch auf dem Gerät verfügbare Fähigkeiten entstehen sogenannte smarte bzw. intelligente Gegenstände. Der Profiteur dieser Vernetzung ist meist der Mensch als direkte Nutzer dieser Dinge. Im Gegensatz dazu bezeichnet Industrial IoT, welches im deutschsprachigen Raum auch gerne als Industrie 4.0 bezeichnet wird, die Vernetzung von Maschinen und Anlagen sowohl untereinander als auch mit dem Internet. Mit der Vernetzung geht auch die Verbesserung der Sensorik sowie möglicher Aktoren einher. Von dieser Vernetzung und Erweiterung profitiert nicht nur der Mensch, sondern insbesondere auch die Produkte sowie deren Produktionsprozesse und Lieferketten. Sowohl für IoT als auch für IIoT liegt das größte Potential in der Anbindung an Cloud-Systeme durch die, neben Basis-Funktionen wie Speicher- und Rechenkapazität, auch Themen wie Machine Learning und Künstliche Intelligenz für einen enormen Funktionalitätszuwachs und vollständig neue Anwendungsszenarien entstehen.
Datenlieferanten – Die Basis von Industrie 4.0
Die Basis für viele Digitalisierungsbemühungen sind Daten. Betriebsdaten. Konfigurationsdaten. Diagnosedaten. Diese Daten müssen von den involvierten Systemen bereitgestellt werden. Hierzu stehen diverse Protokolle, Bussysteme und Datenschnittstellen zur Verfügung. Aber das ist nichts Neues und wird im Rahmen von BDE Lösungen schon seit vielen Jahren praktiziert. Der Unterschied besteht im Zuge der Digitalisierung in der Standardisierung der Schnittstellen und Datenformate. Während Daten z.B. mittels OPC UA zwar einfach gelesen und geschrieben werden können, erhalten diese Daten erst durch sogenannte OPC UA Companion Specifications eine Semantik. Durch diese Semantik werden die Daten herstellerübergreifend beschrieben und werden erst hierdurch herstellerübergreifend nutzbar.
Datenlieferanten generieren im Umfeld von Industrie 4.0 ihre Umsätze durch den Verkauf der Daten. In den meisten Fälle beschränkt sich dies sogar auf den Verkauf der genormten Schnittstelle. Umsatzmodelle, die sich an Datenvolumen oder besser noch Datenqualität orientieren, gibt es bislang kaum. Dies stärkt auch den Vergleich, der häufig in Bezug auf Daten herangezogen wird: Daten sind das neue Öl. Und wie im Ölgeschäft sind es nicht die Ölquellen, die das große Stück vom Kuchen erhalten. Es sind die Veredler und Verwerter, die aus den Daten den wirtschaftlichen Erfolg ziehen. Die Rolle “Datenlieferant” ist der notwendige Einstieg in die neue Welt des IIoT und die meisten Unternehmen müssen wenig bis gar nichts tun oder verändern, um diese Rolle bereits heute einnehmen zu können.
IoT-Enabler – Befreier und Brückenbauer
Um die Einstiegsstufe des Datenlieferanten zu verlassen, sollten Maschinen und Anlagenbauer die Roller des “IoT-Enablers” erreichen. Ein IoT-Enabler stellt Komponenten zur Verfügung, die dem Datenlieferanten helfen, seine Daten aus Silos zu befreien, sie zu bereinigen, zu konsolidieren, anzureichern und weiter zu verarbeiten. Die Bandbreite der Komponenten ist dabei groß und reicht von energieautonomer Retrofit-Sensorik über Softwaresysteme zur Datenaufbereitung z.B. für AR/XR/VR-Anwendungen bis hin zu Edge Devices, welche komplexere Aufgaben an der Schnittstelle zwischen eigener Infrastruktur und Cloud zur Verfügung stellen.
Neben Umsätzen, die durch den Verkauf von Hardware oder Softwarelizenzen erzielt werden, entsteht wirtschaftlicher Erfolg durch transaktions- oder verbrauchsbasierte Abrechnung. So ist es keine Seltenheit, dass z.B. Edge Devices nicht mit einem Preis pro Gerät sondern vielmehr mit einem Modell abgerechnet werden, in welches die Art und Anzahl der angebundenen Datenquellen / Maschinen und angebundenen Datensenken (z.B. Anbindung an Amazon Web Service AWS, Microsoft Azure, Siemens Mindsphere, On-Prem) sowie die Menge der zu verarbeiteten Daten mit einfließen.
So sollte ein Edge Gateway nicht als simple Blackbox bereitgestellt werden, welche Daten von A nach B schickt, sondern sollte sich der innovative Maschinen- und Anlagenbauer auf Basis von Standards (z.B. Microsoft Io Edge) seine eigene „Edge Kompetenz“ aufbauen. Essentiell wichtig ist es die Hoheit über die eigene Domäne zu behalten und für zukünftige Anwendungen des Edge Computing (KI, ML, …) gerüstet zu sein.
Wie Sie zum IoT-Enabler durch Bereitstellung eines intelligenten Edge Devices werden und wie Sie auf diesem Edge Device verschiedene Aufgaben ausführen lassen, zeigen wir Ihnen in einem der nächsten Blog-Beiträge. In dem Zusammenhang empfehlen wir auch unseren zweitägigen IoT PoC Workshop bei Ihnen vor Ort.
Digitaler Diensteanbieter
Aufsetzend auf den bereitstehenden Daten und den technischen Zugängen sowie unter Nutzung von Plattformen besteht die Kür darin, neue Geschäftsmodelle auf Basis digitaler Dienste zu definieren. So kann ein Maschinenhersteller z.B. sein domänenspezifisches Anwendungswissen nutzen, um nicht nur den Käufern seiner Maschinen, sondern allen Nutzern innerhalb seiner Domäne neue Funktionen zur Verfügung zu stellen. So kann beispielsweise ein Hersteller von holzverarbeitenden Maschinen seine bislang nur für die eigenen Maschinen verfügbare Schnittoptimierungsberechnung auch an Nutzer anderer Maschinen verkaufen, sofern diese Maschinen die jeweils notwendigen Daten über die standardisierten Schnittstellen und Edge Devices an den betreffenden Dienst liefern kann. In einem anderen Beispiel könnte ein Maschinenhersteller unter Nutzung der Maschinendaten und unter Einbindung von Anwendungswissen den Maschinenbedienern helfen, typische Bedien- und Parametrierungsfehler zu vermeiden und diese Validierung und Fehlervermeidung als digitalen Dienst anbieten. Aber auch einfache Anwendungsszenarien wie Remote Monitoring oder Predictive Maintenance lassen sich nun umsetzen. Dies führt dazu, dass sich im Markt der Diensteanbieter vermehrt neue Mitspieler zeigen, welche nicht zwangsläufig die Hoheit über die Hardware im Produktionszyklus haben, dafür aber mit hohem Domänen- und Anwendungsknowhow Lücken erkennen und schließen, die der klassische Maschinen- und Anlagenbauer heute noch nicht einmal sieht.
Umsätze erzeugen diese Diensteanbieter zumeist durch Abonnements oder konsumorientierte Preismodelle. Sie stellen damit eine der zwei Stufen dar, welche durch Skalen- und Netzwerkeffekte Umsätze generiert.
Die Schnittoptimierung IntelliDivide von Homag sowie das Tool-Management von tapio sind zwei Beispiele für derartige Dienste.
Plattformanbieter
Damit digitale Diensteanbieter Ihre Dienste auch anbieten können, benötigt es Basiskomponenten und Infrastrukturen, auf denen diese Dienste aufsetzen können. Hier kommen die Plattformanbieter ins Spiel. Plattform-Anbieter liefern die notwendigen Fundamente, auf denen die Dienste aufbauen. Zu den Plattform-Anbietern zählen neben den sogenannten Hypescalern wie Amazon, Microsoft oder Google auch domänenspezifische Plattformen. Während die Hyperscaler alle notwendigen Bauteile z.B. für Datensammlung, -speicherung, – verarbeitung und – visualisierung liefern, vereinfachen domänenspezifische Plattformen die Nutzung dieser Fähigkeiten für eine bestimmte Gruppen von Anwendungen oder Industrien und reichern die Daten in den meisten Fällen mit domänenspezifischen Informationen an. Als Vertreter für solche domänenspezifische Plattformen kann z.B. tapio (Case Study mit tapio) oder Lightelligence herangezogen werden.
Ebenso wie die Diensteanbieter erzielen die Plattformanbieter Ihre Umsätze durch Abonnements und konsumorientierte Preismodelle und bauen in Ihrem Geschäftsmodell ebenfalls auf Skalen- und Netzwerkeffekte.
Sprechen Sie uns an, wenn auch Sie Hilfe beim Erklimmen der einzelnen Stufen benötigen. Wir führen Sie gern ans Ziel.