In der Softwareentwicklung müssen wir immer wieder mit Fehlern im Code umgehen – diese “Bugs” kennt jeder. Doch der Alltag im Projekt besteht nicht nur aus Coding. Beim Projektmanagement, beim Bewerten von Softwarelösungen oder schlicht beim Gestalten der Zusammenarbeit müssen wir mit ganz anderen Fehlern klarkommen: die “Bugs” in unserem alltäglichen Denken. Bei der letzten AIT-Konferenz beschäftigten wir uns mit diesem Thema und dieser Blog Post soll einen kleinen Einblick in dieses Thema bieten.
Wie bereits in einem vorherigen Blog Post erwähnt, fand am 13. September 2019 wieder eine unserer internen Konferenzen statt. Mit meinem Kollegen Eike Hirdes durfte ich das AIT-Team für einige wichtige Denkfehler in unserem Alltag sensibilisieren – denn nur wenn man sich der möglichen Denkfehler bewusst ist, kann man ihnen entsprechend begegnen.
Abbildung 1: Tweet von @thomas_ruemmler während des Vortrags
Ein geläufiger Fehler gerade bei der Zusammenarbeit in einem Projektteam ist die “Selbstbeobachtungsillusion” (engl. “Introspection Illusion“). Kurz gesagt: wir glauben, dass wir objektiv genauso kritisch gegenüber unseren eigenen Vorstellungen und Meinungen sind wie gegenüber jenen von unseren Mitmenschen. Doch dies ist eine Illusion – wir haben die Tendenz unsere eigenen Meinungen zu bevorzugen und andere eher für ihre abweichende Meinung zu verurteilen. Dies ist natürlich Gift für eine konstruktive Zusammenarbeit, insbesondere bei kontroversen Diskussionen in unserem Arbeitsalltag, z.B. wenn über den Einsatz von neuen Technologien oder über die Änderung des Prozesses im Rahmen einer Scrum-Retrospektive diskutiert wird.
Die Erkenntnis, dass jeder von seinen eigenen Meinungen genauso überzeugt ist wie ich von meinen, hilft im Umgang miteinander. Jeder darf bei Meinungsverschiedenheiten gerne einen Schritt zurücktreten und sich selbst in Frage stellen: Warum bin ich davon überzeugt? Welche objektiven Aspekte sprechen wirklich dafür und dagegen? Bewerte ich alle Argumente sachlich? Selbst wenn tatsächlich vieles für meine Überzeugung spricht, heißt das nicht, dass ich in einem überheblichen Akt meine Meinung einfach anderen aufzwingen darf. Gerade bei der Einführung von agilen Prozessen in Unternehmen ist oft Fingerspitzengefühl gefragt, da dies meist mit einem Kulturwandel einhergeht. Dafür ist ein sorgfältiges Change Management gefordert, das von erfahrenen Beratern begleitet werden sollte.
Ein anderer griffiger Denkfehler, den viele bei sich selbst beobachten können, ist die “Optimistische Verzerrung”. Wenn es um unsere eigene Zukunft geht, sind wir unverbesserliche Optimisten und haben meist keine Ahnung, dass wir es sind. Ein Beispiel: Wenn man frisch verheiratete Paare fragt, ob ihre Ehe über 15 Jahre halten wird, bekommt man überwiegend positive Antworten. Die Statistik sagt allerdings etwas anderes (auch wenn der Trend in den letzten Jahren wieder zurück geht, siehe z.B. https://www.scheidung.org/scheidungsstatistik/). Ähnlich verhält es sich auch bei der Planung von Projekten, z.B. bei der Zeit- bzw. Aufwandsschätzung. Obwohl jeder Entwickler und Projektleiter wahrscheinlich bestätigen kann, dass praktisch immer irgendetwas schief geht, wird oft zu optimistisch geschätzt. In unseren bisherigen Projekten können wir beobachten, dass eine agile Herangehensweise und kritischere Schätzverfahren (bspw. Wall Estimation, Planning Poker, Einbindung projektfremder Experten) dieser Verzerrung entgegenwirken.
Dies war nur ein kleiner Ausschnitt aus unserem Vortrag. Inspiriert wurden wir u.a. von Autoren wie Rolf Dobelli (“Klar denken, klug handeln”), Dan Ariely (“Predictably Irrational: The Hidden Forces that Shape Our Decisions”) oder Daniel Kahneman (“Thinking, Fast and Slow”).
Sprechen Sie uns an, wenn auch Sie von unserer praktischen Erfahrung profitieren möchten.