Auch oder genau wegen der Zeit des verteilten Arbeitens inmitten dieser Pandemie ist es wichtig den Blick nach vorn zu richten. Wie auch die Blitzumfragen des VDMA bestätigen, planen die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer trotz angespannter Lage im kommenden Jahr 2021 wieder mehr in Innovationsthemen und Zukunftstechnologien zu investieren. Den Blick auf die aktuellen Themen und Trends hat auch das Programm der IoT Konferenz gerichtet. In dieser kleinen Blogserie schildern wir die für uns wesentlichen Eindrücke und filtern dabei auf die Themen, die wir auch für unsere Kunden, dem Mittelstand im Maschinen- und Anlagenbau, sehen.
Der Plattformkampf geht weiter
Seit einiger Zeit entstehen verschiedene IIoT Plattformen, wie Bosch IoT Suite, thingworx, tapio, ADAMOS, Siemens MindSphere u.v.m. Es wird immer wieder diskutiert, welche Plattformen wohl das Rennen machen werden, sich also so weit durchsetzen, dass sie die defacto Standards darstellen.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass Volkswagen in der Keynote “Digital Production Platform” beschrieben hat, dass sie keine der existierenden Clouds verwenden. Vielmehr haben sie sich vorgenommen, selbst die größte IIoT Plattform weltweit zu kreieren. Das ist ein anderer Ansatz, als dass die Maschinen- und Anlagenbauer selbst die Plattform erstellen oder zumindest betreiben. Mit der Größe von Volkswagen ist sehr schnell eine gewissen Marktdurchdringung gegeben. Jene Unternehmen, die entlang dieser Wertschöpfungskette beteiligt sind, werden sich also damit auseinandersetzen müssen, diese Plattform zu bedienen.
Mit BMW setzt ein anderer großer Automobilkonzern zusammen mit Microsoft auf eine Alternative. Mit einem Verbund an Unternehmen wird die Open Manufacturing Platform entwickelt, die das gleiche Ziel verfolgt. Ob weitere folgen bzw. wie diese Entwicklung auch branchenübergreifend weitergeht, bleibt offen.
Am Ende des Tages müssen die Plattformen primär den Produktionsunternehmen, die sie einsetzen, einen Nutzen bringen. Also sollten branchenspezifische Prozesse auf der Plattform abgebildet werden. Diesen Ansatz verfolgt tapio für die holzbearbeitende Industrie. In diesem Kontext sind dann auch die initiativen von VW und BMW einzuordnen indem Sie von der Anwenderseite und nicht von der Technologieseite kommen. Man kann das am besten vergleichen mit Branchenlösungen bei ERP Systemen. ERP Systeme wie SAP und Microsoft Dynamics wurden erst dann richtig erfolgreich, als es Branchenlösungen gab, die sie als Basis benutzt haben.
Die Edge als Schlüsseltechnologie
Dem Maschinenbauer bleibt letztlich sich verschiedene Wege offen zu halten. D.h. sich am besten auf seine eigenen Kernkompetenzen zu konzentrieren und nach außen hin möglichst generisch und kompatibel zu sein. Das ist eine Paradedisziplin einer Edge-Lösung, Daten aus dem Maschinennetzwerk zusammentragen, filtern, vorberechnen und ggf. in geeignetem Wege nach außen an eine Cloud Plattform zu übertragen.
Mehr zum Schwerpunktthema “IoT Edge” wird in einem nachfolgenden Artikel zu lesen sein.
Apps als mögliche Abstraktionsschicht
Unabhängig davon, welcher Plattformansatz erfolgreicher sein wird, hat man letztlich eine IIoT Plattform, die von verschiedenen Unternehmen genutzt wird. Dem Prinzip eines App Stores gleichend, werden im zweiten Schritt also Wege benötigt, wie ein Maschinenbauer spezifische Softwarelösungen in der Plattform bereitstellen kann.
Ein sehr anschauliches Beispiel stellt hier die HOMAG dar. Während bei der Holzverarbeitung die Zuschnittoptimierungen bisweilen auf dem PC oder der Maschine selbst erfolgte, kann man mit der Lösung IntelliDivide auf Basis der tapio-Plattform auch Zuschnittoptimierung nutzen, selbst wenn die Maschine nicht von HOMAG stammt. tapio ist in dem Falle die Cloud Plattform und IntelliDivide eine App in dieser Plattform. Somit ergeben sich für HOMAG auch neue Geschäftsmodelle Schnittoptimierung als Abomodell oder pro Schnitt anzubieten, und das unabhängig von einer HOMAG Maschine.
Retrofitting, um alten Maschinen neuen Glanz zu verleihen
In aller Regel finden wir in der Praxis kein Greenfield, bei dem alles neu gemacht wird. Meistens haben Unternehmen einen bestehenden Maschinenpark, in den viel Kapital investiert wurde. In diesen sogenannten Brownfield-Szenarien möchte man die die Möglichkeiten der modernen Welt der IoT Plattformen auch mit bestehenden Anlagen nutzen. Demnach ist auch Retrofitting ein Schwerpunktthema auf der IoT Konferenz. Hier gibt es bereits branchenspezifische Ansätze. So forscht beispielsweise die TU Chemnitz im Projekt retro TEX nach Möglichkeiten, kleinen und mittelständischen Unternehmen der Textilbranche den Weg in die Industrie 4.0 zu vereinfachen.
Dabei geht es um so viel mehr, als nur bestehende Maschinen nachzurüsten und somit technisch fit zu machen, um die Daten zu visualisieren. Spannend wird die Sache erst durch Datenanalyse, um tieferes Verständnis aus dem Maschineneinsatz zu gewinnen und somit Rückschlüsse zuzulassen. Hierfür ist es wichtig, seinen eigenen Reifegrad kritisch einzuschätzen, um dann die richtigen Schritte zu gehen. Dafür ist es erforderlich, eine Vision zu entwickeln, wie beispielsweise neue Geschäftsmodelle, wie bei der Zuschnittoptimierung oben erklärt, entstehen können. Die folgende Abbildung zeigt solche Schritte in einem groben Raster.
Standardisierung auf dem Kommunikationsweg
Wenn man über Sensoren, Maschinen, Netzwerk, Edge und Cloud spricht, dann hat man immer auch Kommunikationswege zu gehen. Auch dies war ein Schwerpunktthema auf der IoT Konferenz. Neben Themen wie MQTT, CANBUS u.v.m. ist OPC UA auf der Konferenz immer wieder in Erscheinung getreten. OPC UA stellt eine plattformunabhängige Architektur dar, zu der es auch einige spannende Neuigkeiten gab. Mit Blick auf die Bedeutung für Maschinenbauer wird auch dazu ein eigener Artikel in Kürze hier im Blog erscheinen.
IoT ist keine Option sondern obligatorisch
Das gesamte Konferenzprogramm hat gezeigt, dass es so viele spannende, nützliche, aber auch herausfordernde Themen gibt, mit denen sich Maschinen- und Anlagenbauer auseinandersetzen sollten, um die technischen Möglichkeiten zu nutzen und somit letztlich auch ihre Wettbewerbsposition stärken können. Auch die Erfahrung in unseren eigenen Projekten mit Maschinen- und Anlagenbauern bestätigt dies.
Wenn Sie vor Herausforderungen in diesem Umfeld stehen, dann sprechen Sie uns gerne an.