Vom 21. bis 24. März 2018 fand die Messe “Holz-Handwerk” in Nürnberg statt. Mehr als 500 Aussteller erwarteten dabei zusammen mit der parallel stattfindenden “Fensterbau Frontale” über 100.000 Besucher aus der ganzen Welt.
Neben den neuesten Gerätegenerationen und -innovationen rückte dabei ein Themenbereich in den Vordergrund: Industrie 4.0 und das Internet of Things (IoT). Fast jeder Hersteller hat mittlerweile eine Strategie für diese Trends entwickelt und zeigte diese auf unterschiedlichste Art und Weise.
Alleine unterwegs ist dabei keiner: You can’t do IoT alone.
Was trotzdem auffällt: Die Herangehensweisen fallen sehr unterschiedlich aus. Im Folgenden werden drei Messeteilnehmer im Kontext von Industrie 4.0 näher betrachtet.
Biesse
Im Gegensatz zu vielen anderen IoT-Bestrebungen geht der italienische Maschinenbauer Biesse den Weg zur Industrie 4.0 nahezu alleine. Unter dem Banner “Sophia” lässt der Hersteller eine IoT-Lösung von Accenture entwickeln. Im persönlichen Gespräch zeigte man sich durchaus offen dafür, dass auch andere Hersteller ihre Geräte an die Plattform anbinden dürften, die Verarbeitung der Daten bleibt jedoch vollständig in der Kontrolle von Biesse und kann auch nur über deren Anwendungen abgerufen werden. Eine Öffnung der Plattform für Drittanbieter-Anwendungen ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht geplant.
Für die Strategie der Italiener spricht, dass ihre Plattform seit dem Herbst letzten Jahres verfügbar ist und bereits eine niedrige dreistellige Zahl an Maschinen von Endkunden anbinden konnte. Es bleibt jedoch offen, ob die Verschlossenheit des Systems, also das derzeit kategorische NEIN zum Export der Daten über APIs sich als gut oder hinderlich erweist. Es könnte gut sein, da sie dadurch schneller an den Markt gehen konnten. Sie können dadurch aber auch schwer Allianzen bilden, um eine marktbeherrschende Stellung zu erreichen.
Weinig
Der Maschinenbauer Weinig aus Tauberbischofsheim stützt sich als technologische Basis für ihre IoT-Lösung auf das s.g. IoT-Betriebssystem MindSphere von Siemens. Siemens und mehrere überwiegend deutsche Industrieunternehmen haben sich zum Jahreswechsel zum Verein MindSphere World zusammengeschlossen. Neben dem starken Technologiepartner Siemens brachte dieser Verein für Weinig auch für die Holzverarbeitungsbranche relevante Partner mit, beispielsweise Schmalz und Kuka.
Der mächtige MindSphere-Verein bietet Weinig gute Chancen, den Markt entscheidend zu durchdringen.
tapio
Das Startup tapio geht einen etwas anderen Weg als die anderen Hersteller. Kurz vor der letztjährigen Messe LIGNA aus dem Maschinenbauer Homag hervorgegangen, ist eine offene IoT-Plattform für die holzverarbeitende Industrie das Ziel von tapio. Die Plattform ist seit Oktober verfügbar und bereits bei mehreren Kunden im Einsatz. Prunkstück von tapio ist eine rasant wachsende Liste an Partnerunternehmen. Mit Maschinen von Schmalz, Höcker, Makor, Venjakob und Homag konnte man die Maschinendaten von fünf verschiedenen Herstellern live auf der Messe beobachten. Ein Großteil der 19 Messemaschinen stand dabei auch tatsächlich in den Messehallen. Zudem bewies das Startup cleveres Marketing: Über die gesamte Messe verteilt fand sich bei jedem Stand der Partner ein Hinweis auf die Partnerschaft sowie ein Tablet auf dem die tapio-Anwendung “MachineBoard” lief. In den nächsten Monaten werden auch die ersten Partneranwendungen erwartet, welche auf die tapio-Plattform aufsetzen.
AIT ist stolz darauf, tapio bei diesem Projekt zu unterstützen. Als langjähriger Partner von Homag wurden die IoT-Spezialisten früh in tapio eingebunden. Dadurch konnte das AIT-Team seine Vision “AIT ist der Bergführer des Mittelstandes für Softwareentwicklung, Prozesse und Technologien in der digitalen Transformation” gemeinsam mit tapio verfolgen und einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der Plattform leisten.
Wer wird sich durchsetzen?
Es bleibt abzuwarten, welcher der Anbieter den IoT-Markt in der Holzverarbeitungsbranche in den nächsten Jahren für sich gewinnen kann. Eine Konsolidierung der verschiedenen Plattformen scheint unausweichlich. Da die Kunden der Maschinenbauer in der Regel Geräte verschiedener Hersteller im Einsatz haben, wird ein gutes Partnernetzwerk wichtig werden. Doch auch eine Strategie mit vermeintlich weniger Partnern wie bei Biesse sollte man nicht abschreiben: Das geschlossene Konzept könnte es dem Hersteller ermöglichen, den Markt schneller als die anderen zu durchdringen, und dann als Marktführer die Partner schrittweise an Bord zu holen. Mit Spannung darf dabei die Strategie genau dieser Partner beobachtet werden. So ist beispielsweise der Vakuum-Technologie-Experte Schmalz aus dem Schwarzwald sowohl Teil des Vereins MindSphere World, als auch ein Partner von tapio.