Der gesamte Maschinenpark soll digitalisiert werden und Daten senden. Doch wie können die Daten visualisiert werden, um Nutzen daraus ziehen? Wie kann man den Zustand der Maschinen übersichtlich darstellen? Diese Fragen beantworten wir mit den Analyse- und Visualisierungswerkzeugen, die mit AIT Smart Edge genutzt werden können.
Folgendes Szenario: Sie besitzen 10 Maschinen welche jeweils 50 Datenpunkte liefern. Diese setzen sich aus Echtzeitsignalen, einigen aggregierten Istwerten sowie Sollwerten zusammen. Jede Maschine sendet 1 Datenpaket pro Sekunde, um die Änderungen der Echtzeitsignale zu übertragen. Um diese Menge an Daten zu übertragen und zu visualisieren, muss die Hardware am Edge-Device je nach Szenario unterschiedlich leistungsfähig sein.
Szenario 1: IoT Central
Unser erstes Szenario ist die Plug&Play Lösung Microsoft IoT Central, die sich ohne weiteres mit AIT Smart Edge nutzen lässt. Dazu werden die Routen auf dem Edge-Device so konfiguriert, dass die Nutzdaten direkt an IoT Central gesendet werden. IoT Central ist Microsofts IoT-App-Plattform. Zu den Features zählen neben einem AppStore zur einfachen Integration in Workflows auch Verwaltungstools für die Geräte sowie Werkzeuge zur Visualisierung der Daten.
Die Daten werden von der Edge an IoT Central durchgeleitet, was im oben beschriebenen Fall zwar einen hohen Datendurchsatz, aber nur einen geringe Rechenleistung am Device erfordert. An IoT Central angeschlossen können Daten visualisiert und analysiert und bei Bedarf weitergeleitet, gespeichert und z.B. mittels PowerBI ausgewertet werden.
Kostentechnisch setzt IoT Central auf einen per Device Ansatz, wobei jedes Device einen Freibetrag an Datenpaketen enthält. Zurzeit liegen die Kosten bei 0,70$ pro Device mit 30.000 Datenpaketen inklusive. Sollten mehr Daten benötigt werden, so fallen zusätzlich 0,015$ je 1.000 Nachrichten an. In Summe ergibt sich für unser Szenario ein Preis von ca. 400$ pro Monat.
Szenario 2: Thingsboard IoT Cloud Plattform
Unser zweites Szenario ist die Anbindung an Thingsboard. Thingsboard ist eine IoT Plattform, welche Management- und Visualisierungstools für IoT-Daten bereitstellt. Für die Sammlung und Weiterleitung der Daten von den Maschinen zur Thingsboard-Plattform gibt es dank Smart Edge zwei Lösungsoptionen.
Option 1 nutzt einen Routen-Provider innerhalb der AIT Smart Edge Plattform um die Daten direkt an Thingsboard zu senden. Diese Option ist in Bezug auf die Hardwareausstattung die günstigste. Es wird wenig Rechenleistung, dafür aber ein hoher Datendurchsatz benötigt.
Option 2 nutzt die Fähigkeit, auf dem Edge Device verschiedene Workloads ausführen zu können. So kann das von Thingsboard bereitgestellte IoT Gateway als Edge-Modul verpackt und über die Smart Edge Plattform konfiguriert und ausgerollt werden. Bei dieser Option wird zusätzliche Rechenleistung und Speicherplatz für die Ausführung des IoT Gateways auf dem Edge Device benötigt.
Eine weitere Option besteht in der Datenweiterleitung von Azure IoT Hub an die Thingsboard-Plattform. Diese Option wäre zwar out-of-the-box ähnlich zur Nutzung von IoT Central möglich, bringt aber zusätzliche Kosten für den zur Datenweiterleitung genutzten Azure IoT Hub mit sich und wird deshalb nicht empfohlen.
Thingsboard berechnet für seine IoT-Lösung die Kosten nach einem Abomodell, welches verschiedene Abonnements mit unterschiedlicher Deviceanzahl anbietet. Jedes Abonnement erlaubt unbegrenzt viele Dashboards, API-Aufrufe und Datenpunkte. Für das Szenario liegt der Preis bei 199$ pro Monat. Dieses Abo unterstützt dann bis zu 500 Devices. Für die 10 Maschinen aus dem Anfangsbeispiel würde schon das kleinste Abonnement für 10$ pro Monat ausreichen. Dies enthält jedoch keinen Support oder Whitelabeling, weshalb wir das Abonnement für 199$ gewählt haben. Außerdem benötigt man noch die Hostingumgebung für Thingsboard, wobei für das gegebene Datenaufkommen eine A1v2 Azure VM ausreicht. Damit liegen die Gesamtkosten bei rund 230$ pro Monat.
Szenario 3: Thingsboard als Edge Modul
Unser drittes Szenario nutzt keine Cloud-Plattform zur Datenvisualisierung und -auswertung. Stattdessen greifen wir erneut auf die Fähigkeit zurück, beliebige Workloads auf dem Edge Device ausführen zu können. Thingsboard bietet bereits die Möglichkeit, als Container ausgerollt und ausgeführt zu werden. Diese Möglichkeit nutzen wir, um eine vollständige Thingsboard-Umgebung über die AIT Smart Edge Plattform auf das Edge-Device auszurollen. Für dieses Szenario benötigt das Edge-Device wesentlich mehr Rechenleistung und Speicherplatz, da es jetzt eine autarke IoT-Plattform direkt in Maschinennähe zur Verfügung stellt.
Für dieses Szenario stellt Thingsboard „Perpetual Licenses“, also Lizenzen mit Einmalzahlung zur Verfügung. Man erwirbt hierdurch das Recht, eine bestimmte Version von Thingsboard für unbeschränkte Zeit zu nutzen. Eine Lizenz kostet dabei 2.999 $ und enthält 1 Jahr Softwareupdates.
Vergleich der Lösungen
Beide Lösungen bieten verschiedene Vor- und Nachteile zum Visualisieren der Daten. IoT Central biete sich vor allem für Szenarien an, die keine Echtzeitdaten erfordern, da die Begrenzung der Datenpakete bei hohem Datendurchsatz schnell teuer wird. Dafür biete IoT Central die Möglichkeit auch weitere Dienste anzuschließen, um die Daten zu verarbeiten. Außerdem erfordert es kein weiteres Modul auf der Edge, sondern kann einfach an den bestehenden IoT Hub angeschlossen werden. IoT Central ist damit eine gute Lösung für Projekte, die eine hohe Flexibilität und Erweiterbarkeit benötigen.
Thingsboard hingegen eignet sich besser für IoT Szenarien mit hohem Datenaufkommen. Durch die unlimitierten Datenpakete ist es möglich nahezu Echtzeitdaten zu visualisieren. Thingsboard konnte in Lastests ohne Probleme 40.000 Nachrichten die Sekunde von 20.000 Devices, also 2 Nachrichten pro Sekunde und Device verarbeiten. Thingsboard kommt hierbei als Softwarepaket fertig zum Hosten auf verschiedenen Cloud Plattformen als auch On-Premises. Damit ist die vollständige Anpassbarkeit der Hostinglösung an das Einsatzszenario möglich.
Preistechnisch verglichen lohnt sich Thingsboard ab rund 330 Devices gegenüber IoT Central bei Nutzung der Freipakete von IoT Central.
Die Nutzung von Thingsboard als On-Premise-Version ist charmant, stellt aber auch wesentlich höhere Anforderungen an die Hardware sowie an den Betrieb des Edge Devices. Bezogen auf die Kosten für die Datenvisualisierung und -auswertung hat die Lösung aber bereits nach 15 Monaten die höheren Anfangskosten amortisiert.