OBJEKTSPEKTRUM Online “Digitalisierung, Industrie 4.0 und IoT”
Industrie 4.0: In kleinen Schritten zu Plattformen und Netzwerkeffekten
Alle Welt spricht von Digitalisierung, Industrie 4.0 und IoT. Doch warum eigentlich? Während die Digitalisierung unseren Alltag längst erobert hat, steht die Industrie am Anfang eines weiten Weges. Namhafte Hersteller kämpfen um die Plattformhoheit, denn wer die Plattform hat, hat die Daten, beeinflusst das Ökosystem und hat damit einen enormen Wettbewerbsvorteil.
Der Schlüssel dazu ist Software und die Fähigkeit, Ideen schnell in Produkte umzusetzen. Wir berichten in diesem Artikel von unseren eigenen Projekterfahrungen – von einfacher Prozessdigitalisierung über den digitalen Zwilling im Maschinenbau bis hin zu industriellen Augmented-Reality-Projekten.
Abb. 1: Industrie 4.0, Gartner, 2015, www.gartner.com/newsroom/id/3054921
Digitale Transformation, IoT und Industrie 4.0 – schöne Buzzwords, doch was bedeutet dies für mich?
Es ist 5:30 Uhr. Meine Smartwatch weckt mich heute eher, denn laut meinem Kalender weiß sie, dass ich heute einen Kundentermin habe und dass ich aufgrund der Verkehrssituation zeitiger losfahren muss. Schnell duschen und Zähne putzen. Meine Zahnbürste erinnert mich daran, den Bürstenkopf auszutauschen. Rein in die Sachen und los. Beim Verlassen des Hauses schalten sich dank Geofencing und Hausautomatisierung alle Lichter aus und die Haustür verriegelt sich.
Im Kundentermin: Das CRM informiert mich über Kunden und Ansprechpartner. Wir besprechen die neue Lösung zur Planung von Servicekräften beim Kunden. Das neue System verbindet einzelne Systeme, um die Serviceplanung überhaupt erst zu ermöglichen. Es fragt aus der Zeitwirtschaft Verfügbarkeiten unter Berücksichtigung von Krankheit und Urlaub ab, fragt beim Auftragsmanagementsystem die anstehenden Aufträge ab, beschafft sich Erfüllungsorte sowie Verkehrs- und Routeninformationen, fragt im Lager die notwendigen Ersatzteile an oder lässt diese bestellen.
So oder so ähnlich könnte ein typischer Tagesablauf in der Zukunft aussehen, oder?
Nein. Wir sind längst in der Zukunft angekommen. Der Tagesablauf kann bereits rund um die Uhr und bei nahezu allen Tätigkeiten digital unterstützt werden. Das Beispiel zeigt, dass die Digitalisierung bereits aus den Kinderschuhen einfacher oder verspielter Szenarien herausgewachsen ist. Sie verändert bereits maßgeblich die Art und Weise, wie wir heute sowie in der Zukunft leben und arbeiten [Hol16, S. 1].
Dieser Wandel ist kein branchenspezifischer Effekt. Ein kurzer Blick auf die bitkom-Webseite gibt einen ersten Eindruck über die Vielfältigkeit. Der Bundesverband listet hier Branchen, wie Touristik, Pharmaindustrie, Landwirtschaft u.v.m. [BIT16].
Es etablieren sich bereits Standards der vernetzten Industrie. So hat Bosch mit dem sogenannten PPM-Protokoll (Production Performance Management Protocol) einen Industriestandard veröffentlicht, der ein Datenaustauschformat verschiedener Unternehmen in der Lieferkette vereinheitlicht [Dir16].
Doch was bedeutet dies für das eigene Handeln bzw. das eigene Unternehmen?
Es stellt sich nicht die Frage ob, sondern nur wie man sich mit der Thematik auseinandersetzt. Wenn CIO.com über Jäger und Gejagten titelt [CIO16], so wirkt dies vielleicht übertrieben, jedoch hat es in der Vergangenheit schon bekannte Beispiele gegeben, wie man zur Beute wird, wenn man Technologietrends verschläft oder an alten Geschäftsmodellen festhält. Seien es Kodak, RIM oder Nokia, wobei zuletzt genanntes Unternehmen in seiner Geschichte als Beispiel für beides herhalten kann.
Als Jäger von Gummistiefeln zu Handys, aber dann zur Beute auf dem Smartphone-Markt. In jedem Falle ist Innovation eine unabdingbarere Kraft beim Aufstieg zum Mount Digital.
Von der Digitalisierung im persönlichen Umfeld hin zu Industrie 4.0
Wenn man den Begriff der Digitalisierung näher betrachtet, stellt man fest, dass es lediglich um die Überführung analoger Zusammenhänge in die digitale Welt geht.
Dies ist in keiner Weise neu und in der Elektrotechnik ein altbekanntes Prinzip. Diese Analogie hilft, einen wesentlichen Aspekt zu verdeutlichen: Bei Digitalisierung geht es nicht um den Big Bang – eher Evolution statt Revolution. Ganz ähnlich zu Abtastverfahren in der Elektrotechnik. In kleinen Schritten wird ein analoges Signal abgetastet und ein digitales Pendant dazu gefunden. Einen digitalen Zwilling, wenn man so möchte, aber dazu später mehr.
Doch warum ist das Ganze derzeit so ein Hype-Thema? Der Grund liegt im möglichen Nutzen. In einer digitalisierten Welt ist eine konsequente Vernetzung möglich. Hier kommt auch der Begriff der Industrie 4.0 bzw. des Internet of Things (IoT) ins Spiel (vgl. Abbildung 1).
Es geht um die Verbindung von Menschen (People), Objekten (Things) und Industrie bzw. der Erfüllung geschäftlicher Zwecke (Business). Der Begriff selbst ist eine deutsche Prägung und bezieht sich auf die vierte industrielle Revolution. Im internationalen Sprachgebrauch ist eher von Cyber Physical Systems, Industrial Internet oder der Smart Factory die Rede.
Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und die damit mögliche Vernetzung und Datennutzung sieht in der Praxis sehr unterschiedlich aus und ist stark abhängig vom Reifegrad des jeweiligen Unternehmens. In unseren Projekten sehen wir hier ein breites Spektrum. Ein Beispiel aus diesem ist die …